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Agnes Waldstein
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Ein unbegrenztes Reservoir an Möglichkeiten bietet die Natur, eine endlose Quelle für Variation der Form. Die Bilder entstehen ergebnisoffen, eine Idee genügt fürs Anfangen.
Beim Malen führt ein Schritt zum nächsten, wobei der Entstehungsprozess teilweise sichtbar bleibt.

Malstudien bei Rebecca LittleJohn und ästhetische Exerzitien bei Paul Zwietnig Rotterdam.
(Studium der Kunstgeschichte in Wien mit Abschluss 2004. Agnes Waldstein lebt und arbeitet in Niederfladnitz in Niederösterreich.)

AUSZUG AUS DEM TEXT VON REBECCA LITTLEJOHN „WHERE THE PAINTINGS OF AGNES TAKE ME“
Selten zeigt Agnes das unmittelbar Sichtbare. Es gibt nur wenige und oft gar keine Details. Fast nie tritt eine starke Lichtquelle oder ein Schatten auf. Das Farbspektrum ist auf eine monochromatische Verwendung reduziert, nur hie und da durch zufällige komplementäre Farbsplitter unterbrochen. Offene Flächen als Ausdruck räumlicher Tiefe sind beinahe leer. Die bildnerischen Elemente sind auf ihre einfachste Wesensform komprimiert. Der bildnerische Raum, oft durch eine Reihe von Bäumen definiert, verbindet sich mit der konkreten Objektivität der in Schichten aufgetragenen Farben, einmal dunkel und rauh, dann wieder zart und flüchtig. Ein unerwartetes Licht schwebt nahe einem Ast, als ob das Berühren der verkrusteten Leinwand einen Funken erzeugt hätte. Sonnendurchbrüche im düsteren Himmel lenken auf ein unbestimmtes Zentrum im absorbierenden Hintergrund. Raum wird zum Ausdruck der Stille.
Zwischenflächen, die bei manchen Bildern physisch an der Oberfläche der Leinwand befestigt sind, bei anderen durch Farbe differenziert werden, überbrücken die Leere zwischen den Objekten, die nur selten perspektivisch verankert sind. Wir sind alleine und so entblößt wie die Bäume vor dem kommenden Winter. Ein einzelner Strich gleitet vom Gewicht des stützenden Stammes zu den zerbrechlichen Spitzen weitester Zweige eines Baumes, genau so voll Leben wie eine menschliche Figur. Die kahlen Bäume ähneln Seelen.
Formstark und ausdrucksschwanger enthüllen die intuitiv gestalteten Wogen und Wellen der gemalten Oberflächen etwas jenseits der Vorstellung, jenseits des Wahrnehmbaren. Das erreichte Aussehen des Bildes erscheint mühelos. Rasche Striche bestimmen die Lage der dargestellten Elemente im Raum, das Wissen um die Wichtigkeit der Elemente bestimmt ihre Auswahl. Technisches Können, Sensibilität für wesentliche Züge und Reflexion über Motivation sind wichtige Teile des Prozesses. Erweiterung des Bewusstseins bis zu den Grenzen der Einbildungskraft sowie räumliche Tiefe sind grenzenlos, aber in uns ist diese Freiheit. Die Bilder sind durch Festhalten an Parametern definiert, die ans Licht bringen, wie Agnes auf ihre unverhüllte Wahrheit reagiert… Die Arbeit von Agnes ist unvereinbar mit irgendeinem Ort außerhalb der inneren Einkehr.

AUSZUG AUS DEM „TRAKTAT ÜBER DIE OFFENEN FENSTER DER AGNES W.“ VON JAN TABORfür agnes w. gefunden: kuo hsi sagt: es gibt landschaften, durch die man reisen kann, landschaften, in denen man träumen möchte, landschaften, die man durchstreift, und landschaften, in denen man wohnen möchte; jedes bild, das eins von diesen enthüllt, gehört der kategorie des vortrefflichen an. so auch die bilder von agnes w.: murmelnd rauschende farbenbäche. man hört sie, ohne sie zu sehen. man sieht sie ohne sie zu hören. man fliegt ihnen auf der brücke entgegen. ihre bilder sind nicht herausgefallen und doch sind sie nicht ganz von dieser welt. von der sichtbaren und sonst geradeaus erfahrbaren welt… die bilder sind zu landschaften ausbalancierte farbigkeiten… ilse aichinger sagt hingegen: manchmal fällt eine stunde mit einem bild zusammen und wird zum ort. sie spricht von der poesie des zusammenfallens. dieses gelingt agnes w. immer wieder… sie malt sich, näher betrachtet, nicht gänzlich aus der welt heraus. sie versucht sich hinter jene bilder hineinzumalen, in denen uns die welt zu erscheinen beliebt… dorthin müssen wir jenen folgen, die bilder malen, das heißt, wir müssen hinter die bilder schauen, wir müssen dahinter kommen. wir kommen dahinter…
agnes w. malt, als würde sie fenster öffnen. bild für bild. als würde sie ein fenster nach dem anderen öffnen, jedes auf eine abweichende art – diversi fenestri aperti… sie malt als würde sie morgenfenster öffnen, oder frühlingsfenster…

FRIEDRICH TEJA BACH
EINE MALEREI, LEICHT UND SCHWEBEND, WIE DIE VÖGEL, ZU DENEN EINE BESTIMMTE ART DER ZEICHEN, DIE DAS LEBEN DER BRÜCHIGEN HAUT DER ERDE EINGESCHRIEBEN HAT, ZU EINEM SCHWARM ZUSAMMENGEKOMMEN ZU SEIN SCHEINT, UM SICH WIE EIN FLIEGENDER TEPPICH IN DEN HIMMEL ZU ERHEBEN. München, den 19.Oktober 2021

 

 

Astrid Bartl
Trouve l´objet!

Gehen als Weg zur Konzentration und zum bewussten Sehen ist Teil ihrer Arbeitsweise. Aus der Fülle der Dinge trifft Astrid Bartl eine intuitive Wahl an gefundenen Objekten, die sie spielerisch und behutsam in neue, überraschende Beziehungen setzt. Die äußere Landschaft klingt im inneren Erleben nach, wobei neue Zusammenhänge erspürt und sichtbar gemacht werden.

Astrid Bartl lebt und arbeitet in Mitterretzbach, Niederösterreich.